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Ich habe keine Angst vor «No Billag»

NoBillag will öffentlich finanzierte Online-Angebote nicht verbieten.

Hinweis: Ich bin Journalist bei Radio SRF. Ich arbeite als Produzent beim Echo der Zeit. Ich äussere hier meine persönliche Meinung, nicht die der SRG. 

Die Journalistinnen und Journalisten im «Print» erleben zurzeit, was es heisst, wenn Redaktionen ab- und umgebaut werden. Die Verlage suchen neue Geschäftsmodelle. Die digitale Disruption hat das alte Modell über den Haufen geworfen. Ich bewundere die Journalistinnen und Journalisten, die sich nicht unterkriegen lassen. Darum überweise ich gegen 1’000 Franken jährlich an drei Verlage für zwei Tages-, drei Wochenzeitungen. Und ich freue mich über jedes Medien-Startup, so dick die Initianten auch auftragen.

Wir Journalistinnen und Journalisten in den von der Öffentlichkeit bezahlten Medien erleben jetzt «unsere» Disruption – es ist eine politisch gewollte.

Wir sitzen im gleichen Boot. Die Verleger werden noch mehr Journalistinnen und Journalisten auf die Strasse stellen. Der SRG wird ein noch schärferer Wind entgegen wehen – wenn sie diese Abstimmung überlebt.

Ich mag die direkte Demokratie. Ich mag das Mitspracherecht an der Urne. Auch wenn die Ergebnisse nicht immer so ausfallen, wie ich es gerne hätte. Die Abstimmungssonntage sind meine Lieblings-Arbeitstage. Denn selten steht die Politik, die Demokratie und der mediale Service Public so im Zentrum meiner Arbeit wie an diesen Sonntagen. Am nächsten Abstimmungssonntag darf das Volk über die Zukunft der SRG abstimmen.

Wenn die NoBillag-Initiative durchfällt, dann freue ich mich, dass eine Mehrheit das Angebot der SRG schätzt und weiter empfangen und nutzen will. Wir werden über dieses Ergebnis am 4. März professionell und fair berichten.

Wenn eine Mehrheit das Angebot nicht mehr will, dann ist das ein demokratischer Entscheid. Auch darüber werden wir professionell und ohne hörbare Wut oder Trauer berichten.

Ich würde es sehr bedauern, wenn eine über 70 Jahre alte Sendung wie das Echo der Zeit plötzlich verschwinden würde. Und ich fände es schade, wenn das Informations-Radio insgesamt verschwinden würde. Das Radio, das über die Welt, über die Bundespolitik, die Wirtschaft und aus den Regionen berichtet. 

Aber es gibt ein Danach: Bei einem Ja, sagte SRG-Präsident Jean-Michel Cina in der Arena, werde die SRG liquidiert. Die Medienhäuser, die Politik und auch die Journalistinnen und Journalisten werden gefordert sein. Sie müssen dann intensiv und schnell nach Lösungen suchen, damit sich die Menschen in allen Landesteilen kostengünstig, vielfältig und qualitativ gut informieren können.

Die Initiative hat Lücken. Eine direkte Finanzierung von Radio- und TV-Sendern durch den Bund wird wohl schwierig bis unmöglich sein. Der Bund könnte aber die technische Infrastruktur und die Verbreitung (UKW, DAB, DVB-T, IP, etc.) unterstützen – der Initiativtext schliesst das nicht aus. Aber ob das reicht? Die Initiative geht auch davon aus, dass es eine begrenzte und darum begehrte Anzahl Konzessionen und Frequenzen gibt, die die Radio- und TV-Stationen ersteigern wollen. Die digitalen Übertragungstechnologien lassen hingegen heute schon eine fast unbegrenzte Anzahl Radio- und TV-Sender zu. 

Die Initiative hat ein sehr traditionelles, lineares Medienverständnis. Rainer Stadler wies in der NZZ bereits darauf hin, dass die Initiative eine Finanzierung von (öffentlichen) Online- und Multimedia-Plattformen nicht ausschliesst. Auch eine aktivere Rolle der Kantone verbietet die Initiative nicht.

Bei einem Nein wird die SRG weiterbestehen. Aber die Kritik an ihr wird nicht verstummen. Und der Medienwandel wird ebenso weiter gehen – mit allen Folgen. Die privaten Medienhäuser und wohl auch die SRG werden weiter sparen müssen. Auch in diesem Fall werden die Medien und die Politik Lösungen suchen müssen, damit sich die Menschen in diesem Land gut und vielfältig informieren können.

Ich habe keine Angst vor der NoBillag-Abstimmung. 

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